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Das EM-Interview Teil 2 – vom schwarzen Peter, Tomate-Mozzarella und dem Nonplusultra…

Die EM im Blick – das Interview mit Olympiakader-Mitglied Frederic Wandres.

• 2021 ist ein besonderes Jahr – denkst Du daran, wenn Du jeden Morgen Duke of Britain sattelst?
Frederic Wandres: In einem Jahr wie diesem, in dem es zwei Championate gibt, was sonst nie der Fall ist, und ich mit meinem Pferd im Olympiakader bin – ich würde lügen, wenn ich nicht zugeben würde, dass ich mit einem Platz im Team liebäugle. Aber das ist nicht das Erste, woran ich jeden Morgen denke – weder an Tokio noch an die Europameisterschaft. Ich schaue zuerst mal, ob es Duke gut geht und er schön in Ruhe sein Futter genießt. Das ist für ihn sehr wichtig. Eins der Pferde muss immer den ‚schwarzen Peter‘ ziehen und der Erste sein, der geritten wird. Duke ist das nur in ganz seltenen Ausnahmefällen. Da hat er natürlich seine Sonderstellung.

• Der Weg in den Championatskader ist ein langer und schwieriger – und er kann sehr steinig sein. Aber Du hast es geschafft. Welche Rolle hat Duke auf diesem Weg gespielt?
Frederic Wandres: Die Hauptrolle! Er hat mir die Türen zu meinem Traum in Richtung Championat geöffnet. Ohne Duke hätte ich es nicht in den Olympiakader geschafft. Ein Championat wäre nur das i-Tüpfelchen. Ob das klappt oder nicht – ich bin schon jetzt sehr stolz auf ihn. Wenn es drauf ankommt, ist er immer da. Es ist auffällig, wie konstant er gute Leistungen abruft. Das ist das große Plus an ihm: Man kann sich auf ihn verlassen.

• Ein Platz im Team bei der Europameisterschaft und dann auch noch an Deinem ‚Arbeitsplatz‘, das wäre…
Frederic Wandres: …das Nonplusultra! Ich habe als kleiner Junge angefangen zu reiten. Seitdem ich acht Jahre war, bin ich jeden Tag im Stall – den einmaligen Jahresurlaub ausgenommen. Seitdem ich 15 war, reite ich jeden Tag. Mit 20 bin ich Berufsreiter geworden und reite seither jeden Tag zehn bis 15 Pferde. Jeder kann sich ausrechnen, wie lange ich auf das Ziel hinarbeite, für Deutschland bei einem Championat an den Start zu gehen. Das ist ein Traum, den sich jeder Berufsreiter irgendwann erfüllen möchte. Und so nah wie jetzt war ich noch nie dran.

• ‚So nah dran‘ im wahrsten Sinne des Wortes. Die Europameisterschaft findet auf dem Hof Kasselmann statt, hier lebst und trainierst Du jeden Tag. Kann man da überhaupt in ‚Championatslaune’ kommen oder wäre es dafür einfacher, wenn die EM weiter weg wäre?
Frederic Wandres: Ich finde es einfach nur klasse: die EM zu Hause! Jeder, der Hagen und die Familie Kasselmann kennt, weiß, dass sie aus voller Expertise schöpfen und mit einer top Location besondere Events veranstalten können. In der Vorbereitung auf die EM auch noch mithelfen zu können, ist klasse. Darauf freue ich mich, ob ich nun teilnehme oder nicht. Und ich bin mit Duke schon einige CDIs hier geritten. Anfangs hatte ich Sorge, ob er vielleicht das ganze Drumherum mit Anreise und so braucht, aber ihm reicht die Turnieratmosphäre auch zu Hause und er ist ‚an‘. Und ich kann nach dem Ritt mal eben nach oben in meine Wohnung flitzen und die Blumen gießen (lacht).

• Bei einem Dressur-Championat im Team für Deutschland – das bedeutet eine sehr reelle Chance auf eine Medaille, aber auch einen gewissen ‚Medaillendruck‘…
Frederic Wandres: Natürlich hat man eine gewisse Verantwortung, zumal wenn das Championat dann auch noch in Deutschland stattfindet. Aber ich denke, ich habe oft genug bewiesen, dass ich meine Nerven zusammenhalten und Leistung abrufen kann.

• Gib uns ein Beispiel, bei dem der gefühlte Druck besonders hoch war?
Frederic Wandres: Da fällt mir zuerst das WM-Finale der jungen Dressurpferde mit Zucchero ein. Ich war letzter Starter, vor mir war Andreas (Helgstrand) mit Revolution am Start und ich hörte die 9,4 und den Applaus der Dänen, das Stadion stand Kopf! Ich wusste, wenn ich einen Fehler mache, dann war’s das mit dem Gold. Das war nichts für schwache Nerven. Aber ich habe die Nerven behalten und Gold gewonnen. Oder ich denke an einige Weltcup-Prüfungen mit Duke, bei denen ich die Starterliste sah und dachte: ‚Oh Gott, soll ich gleich nach Hause fahren?‘ In Lyon zum Beispiel, das war ein unglaubliches Feld. Und plötzlich war ich Dritter hinter Isabell Werth und Charlotte Dujardin. Am Ende müssen eben doch alle erst mal reiten.

• Der Abend davor, die Stunden davor – wie sehen die aus, wenn Du einen besonders wichtigen Start – wie zum Beispiel einen EM-Start – vor Dir hast?
Frederic Wandres: Am Abend davor gönne ich mir gerne leichte Kost, Tomate-Mozzarella zum Beispiel. Oder ich esse gar nichts, das kann auch schon mal passieren, wenn ich aufgeregt bin. Und die letzte Stunde, bevor ich dann aufs Pferd steige, muss ich meine Ruhe haben und allein sein. Dann mache ich mir ClipMyHorse an und schaue die Reiter, die vor mir dran sind, an. Ich muss aus dem Augenwinkel mitbekommen, was los ist, obwohl mir alle immer sagen, ich soll das lassen. Ich brauch’ das. Dann münze ich den Druck in etwas Positives um. Bei Zucchero habe ich mir beispielsweise immer wieder gesagt: „Ich habe das beste Pferd. Da gibt es kein Aber!“ Ich wische alle Zweifel weg und dann geht’s los!

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