Foto: privat

Geb.: 1.1.1958
Wohnort: Herford
Beruf: Medizinisch-Technische Assistentin


„Wenn ich Harmonie zwischen Reiter und Pferd erleben darf, dann ist das für mich ein Glücksgefühl.“

„Ich habe mich erst mal auf die Treppe gesetzt und die Mail dreimal durchgelesen“, erzählt Ulrike Nivelle vom 8. Juli 2020. Besagte Mail kam von der FEI und darin stand, dass Ulrike Nivelle mit dem 1. Januar 2021 in den Kreis der Fünf-Sterne-Richter aufgenommen wird. „Damit hatte ich überhaupt nicht gerechnet, ich habe gar nicht daran gedacht, aber das macht mich sehr glücklich. Für mich ist das eine Ehre und eine besondere Auszeichnung – wie ein Ritterschlag.“

Nivelle ist selbst bis zum Grand Prix-Sport erfolgreich gewesen, hat sich aber schon mit 33 Jahren der Richterei verschrieben. "Ich kann mich in die Reiter und in die Pferde hineinversetzen, ich habe das alles selbst gefühlt", erklärt die Rheinländerin. „Wenn ich Harmonie zwischen Reiter und Pferd erleben darf, dann ist das für mich ein Glücksgefühl. Fehler können immer passieren, aber wenn ich Paare sehe, die den Ritt gemeinsam genießen, nah an der Vollkommenheit, mit tänzerischer Leichtigkeit und als harmonische Einheit – das genieße ich absolut.“

Die Familie von Ulrike Nivelle war sozusagen 'pferdefrei', weder Vater noch Mutter oder Bruder hatten etwas mit Pferden im Sinn, bis zu jenem Urlaub in Italien. Ulrike war damals vier Jahre jung und ihr Vater setzte sie im schicken Dirndlkleid auf ein Pony. „Ich kann gar nicht sagen, wieso, aber ich sehe das Bild noch vor mir, ich im Dirndl und das Pony, damals ist meine Liebe zu Pferden entstanden.“ Mit neun fing sie in einem Schulbetrieb in der Nähe von Düsseldorf an zu reiten und mit zwölf Jahren stand das erste eigene Pferd 'Schlingel' im Stall. Mit Schlingels Nachfolger 'Little Lucky' ist Ulrike Nivelle dann im Gelände durchgestartet, ritt Vielseitigkeitsprüfungen bis hin zur Kreismeisterschaft. Später ist sie umgestiegen und war bis zum S-Niveau im Parcours unterwegs. „Einer meiner damaligen Reitlehrer ritt nur Dressur“, erinnert sich die Pferdebegeisterte. „Als ich einmal sein Pferd reiten durfte, habe ich das erste Mal Blut geleckt am Dressursport.“ Den endgültigen Umstieg in den Dressursattel löste aber Nathalie aus. „Ich war 23 als meine Tochter geboren wurde und danach hatte ich Angst im Parcours.“
Nivelles erster Lehrmeister im Viereck war Royal. „Er ist damals verkauft worden, weil er nicht ums Viereck ging. Er war einfach total guckig.“ Aber zwischen Royal und der Umsteigerin hat es gefunkt, bei ihr war er total brav und die beiden sind hocherfolgreich in S-Dressuren unterwegs gewesen – mit einer Besonderheit: „Royal ging nur im Sommer, am liebsten bei 40 Grad, im Winter brauchten wir in keine Prüfung einzureiten.“ Auf Seiten der Ausbilder hat ihr ehemaliger Mann, Jan, sie am meisten geprägt, betont Ulrike Nivelle. „Er hat mir die Tiefen der Reiterei gezeigt und beigebracht. Bei ihm habe ich gelernt, Piaffen und Passagen zu fühlen. Und er hat mir alle Zusammenhänge erklärt.“
Sie war 33 als sie angesprochen wurde, ob sie nicht Lust hätte, die Richterprüfung zu machen. Wer sie damals 'angeschubst' hat, weiß Ulrike Nivelle nicht mehr, aber es war ein 'Schubser' mit langfristigen Folgen. Mir hat das Richten von Anfang an Spaß gemacht. Ich bin ein positiver Mensch und ich suche auch bei jedem Pferd und jedem Ritt nach dem Positiven. Und wenn ich es dann noch schaffe, mit meinem Kommentar dem Reiter helfen zu können, dann finde ich das wunderbar.“ Nicht zuletzt mit der Unterstützung von Rolf-Peter Fuß und Hans-Peter Schmitz – „Ich habe bei den Beiden sehr oft beigesessen und habe sehr viel gelernt!“ – hat Ulrike Nivelle zügig die Richterlaufbahn bis zur Grand Prix-Reife hingelegt. Ein internationaler Richterkurs in London folgte – auch hier hatte wieder ein kleiner 'Schubser' geholfen – dann die Drei- und die Vier-Sterne-Prüfung. „Ich hatte auch das riesige Glück, dass ich schon sehr viele sehr schöne Turniere richten durfte. Ich habe beispielsweise die WM der jungen Dressurpferde gerichtet oder die Europameisterschaften der Ponyreiter und der Jungen Reiter. Da war ich schon sehr glücklich und fühlte mich geehrt.“
Ulrike Nivelle hat Medizin studiert und parallel die Ausbildung zur Medizinisch-Technischen-Assistentin gemacht, aber ihr Herz hat immer für die Pferde, den Pferdesport und die Richterei geschlagen. "Für schöne Pferde und gutes Reiten kann ich mich immer wieder begeistern. Ich bekomme oft Gänsehaut, wenn ich am Richtertisch sitze." Schwierig wird es für Nivelle, wenn sie 'hartes Reiten', 'harte Hände' oder Verbissenheit im Viereck erlebt. „Das mag ich überhaupt nicht. Oder wenn ich merke, dass die Pferde es gerade nicht gern machen. Ich gucke oft in die Gesichter der Pferde, da sieht man sehr viel.“
2015 hat Ulrike Nivelle vielleicht die bisher größte Herausforderung in ihrem Richterdasein erlebt. „Ich musste wirklich tief Luft holen, als ich das erste Mal in Aachen am Richtertisch saß“, gesteht sie lachend. „Dieses Stadion, die vollen Tribünen, die ganze Atmosphäre – das war ein besonderer Moment.“ Er war auch deshalb so besonders, weil sie zu Beginn ihrer Richterlaufbahn häufig in Aachen als Schreiberin im Richterhäuschen dabei war und immer davon geträumt hatte, dort auch mal richten zu dürfen. „Aber das war ein Traum, der unglaublich weit weg war, und plötzlich saß ich tatsächlich da.“
Angelika Frömming war das große Vorbild für Ulrike Nivelle. „Sie weiß und kann einfach unheimlich viel.“ Umso erstaunter war sie, als vor etwa zehn Jahren die Deutsche Richtervereinigung mit der Bitte auf sie zukam, die Nachfolge von Frömming anzutreten. „Im ersten Moment dachte ich: 'Nein, das kann ich nicht.' Inzwischen mache ich das unheimlich gerne. Ich bilde die Nachwuchsrichter aus, halte Vorträge, bereite sie auf ihre Prüfungen vor und nehme die Grand Prix-Richterprüfungen in Warendorf ab.“
Mit rund 20 Turnieren im Jahr, bei denen sie am Richtertisch sitzt, samt der Schulungen für Nachwuchsrichter ist Ulrike Nivelle sehr viel unterwegs. Aber sie kann sehr gut zu Hause abschalten – mit ihren drei Hunden, als Hobbygärtnerin und beim Patchworken. „Patchworken habe ich neu für mich entdeckt. Es macht richtig viel Spaß, mit tollen Stoffen kreativ zu arbeiten.“
Die Richterei bedeutet Ulrike Nivelle sehr viel. „Jedes Pferd hat seine guten Eigenschaften und die möchte ich erkennen. Der Weg eines Richters ist sehr weit, aber das Schöne ist: Man hört nie auf zu lernen.“ Das Wichtigste für die lebenslustige Rheinländerin ist aber die Familie, ihre beiden Kinder Nathalie und Andre und ihr Lebensgefährte Eckhard Wemhöner, der ihre Leidenschaft für die Pferde und die Richterei teilt.

 

Wir benutzen Cookies

Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell für den Betrieb der Seite, während andere uns helfen, diese Website und die Nutzererfahrung zu verbessern (Tracking Cookies). Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.